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Vormarsch der Geschlechtskrankheiten
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Anstieg von STI in Europa Hundertausende neue Fälle innerhalb eines Jahres: Die ECDC-Gesundheitsbehörde appelliert für mehr Kondomnutzung

ms - 03.03.2025 - 14:00 Uhr
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Hundertausende neue Fälle innerhalb eines Jahres: Die ECDC-Gesundheitsbehörde appelliert für mehr Kondomnutzung
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Warnmeldung vom Europäischen Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten, kurz ECDC: Sexuell übertragbare Infektionen nehmen in Europa weiter massiv zu, insbesondere zeigt sich die Behörde der Europäischen Union jetzt bei Fällen von Syphilis, Gonorrhoe und Chlamydien tief besorgt.  

Anstieg bis zu 31 Prozent

„Die Ergebnisse unterstreichen die dringende Notwendigkeit einer verstärkten Sensibilisierung der Öffentlichkeit sowie von Präventions-, Test- und Behandlungsmaßnahmen, um dieses wachsende Problem der öffentlichen Gesundheit anzugehen“, so die ECDC. Es bedürfe jetzt „sofortiger Maßnahmen“, um eine weitere Zunahme bei den STI-Übertragungen zu verhindern. 

Im Jahr 2023 wurden in den EU-Ländern fast 100.000 bestätigte Gonorrhoe-Fälle gemeldet, ein Anstieg von 31 Prozent binnen eines Jahres. Innerhalb eines Jahrzehnts entspricht dies einer Steigerung um 300 Prozent. Eine besonders gefährdete Gruppe bleiben hier laut der Behörde schwule und bisexuelle Männer (MSM); insbesondere in der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen sind die Fallzahlen besonders hoch.

Syphilis betrifft vor allem Schwule und Bisexuelle

Eine ähnliche Lage zeichnet sich bei Syphilis ab, hier wurde eine Zunahme von rund 13 Prozent binnen eines Jahres auf rund 41.000 bestätigte Fälle verzeichnet. 72 Prozent aller Fälle in Europa betreffen dabei schwule und bisexuelle Männer, die Kerngruppe ist auch hier zwischen 25 und 34 Jahren alt. Chlamydien schließlich bleiben die häufigste bakterielle Geschlechtskrankheit in Europa mit 230.000 gemeldeten Fällen im Jahr 2023, auch hier ist ein Anstieg von 13 Prozent zu verzeichnen. 

Bei allen Daten muss dabei festgehalten werden, dass die Zahlen nicht die tatsächliche Lage widerspiegeln – diese dürfte noch weitaus dramatischer sein. In mehreren EU-Ländern werden STIs nur unzureichend oder gar nicht systematisch erfasst; hinzu kommen all jene Fälle von Infizierten, die nichts von ihrer Erkrankung wissen oder sich nicht dagegen behandeln lassen wollen. 

Gefahr von Antibiotikaresistenzen 

Ein weiteres, gravierendes Problem: Bei immer mehr Menschen wird laut dem ECDC eine Antibiotikaresistenz bei Gonorrhoe festgestellt. „Das Auftreten arzneimittelresistenter Stämme bedroht die Wirksamkeit der derzeitigen Behandlungen, sodass es von entscheidender Bedeutung ist, den Schwerpunkt auf die Prävention zu legen und einen verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika zu fördern.“ 

Warum die Fallzahlen erneut so stark angestiegen sind, ist umstritten. Einige führen dies auf vermehrte Tests von Geschlechtskrankheiten zurück. Das ECDC betont eine mögliche Veränderung beim sexuellen Risikoverhalten – gerade bei Personen mit einer hohen Zahl wechselnder Sexualpartner finden so beispielsweise Kondome nur noch sehr geringe Verwendung. Dabei seien gerade solche proaktiven Maßnahmen jetzt besonders wichtig. 

Appell zur Kondomnutzung 

„Die konsequente Verwendung von Kondomen beim vaginalen, analen und oralen Sex ist für die Prävention von entscheidender Bedeutung. Eine offene und ehrliche Kommunikation über die sexuelle Gesundheit mit dem Partner kann ebenfalls dazu beitragen, das Risiko einer STI-Übertragung zu verringern“, so die EU-Behörde weiter. Zudem betont das ECDC außerdem, dass eine frühzeitige Erkennung und Behandlung wichtig ist, um so eine weitere Übertragung und auch Komplikationen bei der eigenen Gesundheitsversorgung zu verhindern. 

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