Stichwahl in Polen Rechtskonservativer Nawrocki wird neuer Präsident - das Ende für alle LGBTIQ+-Projekte?
Verzweiflung in der polnischen LGBTIQ+-Community: Gestern Nacht hat der Kandidat der rechtsnationalistischen PiS, Karol Nawrocki, mit einer hauchdünnen Mehrheit die Wahl zum neuen Präsidenten in Polen gewonnen. Damit können künftig alle angedachten Gesetzesänderungen wie die Einführung eines Partnerschaftsgesetzes für gleichgeschlechtliche Paare mittels eines Vetos verhindert werden.
Desaster für Tusk-Regierung
Die gerade auch von der Community gefeierte, liberale neue Regierung seit 2023 mit Ministerpräsident Donald Tusk erlebt damit nicht nur eine herbe Niederlage, sondern eine politische Patt-Situation. Der auf fünf Jahre gewählte neue Präsident erklärte bereits vorab, dass er viele Reformvorhaben der Tusk-Regierung verhindern wolle und damit den Kurs der PiS-Partei fortsetzen möchte, die rund acht Jahre lang Rechte für Schwule, Lesben sowie auch queere Menschen immer weiter beschnitten hatte bis hin zur Einführung der „LGBT-freien Zonen“. In Polen kommt dem Präsidenten im Gegensatz zu Deutschland eine Schlüsselrolle zu, er kann nach persönlichem Belieben jedes Gesetz mittels eines Vetos stoppen.
370.000 Wähler machten den Unterschied
Besonders bitter: Die Wahl fiel denkbar knapp aus, erst heute Morgen stand das vorläufige Endergebnis fest: Nawrocki kam demnach auf knapp 50,89 Prozent der Stimmen, sein Herausforderer, der Pro-Europäer und LGBTIQ+-freundliche Warschauer Bürgermeister Rafał Trzaskowski auf 49,11 Prozent. Nawrocki bekam knapp 370.000 Stimmen mehr als sein liberaler Rivale, insgesamt stimmten fast 21 Millionen Polen und Polinnen ab. Auch in puncto EU dürfte es mit dem zuletzt pro-europäischen Kurs der Tusk-Regierung jetzt erst einmal wieder vorbei sein. Bereits der bisherige Präsident Andrzej Duda hatte diverse Reformvorhaben ausgebremst, darunter auch mehr Rechte für LGBTIQ+.
Das Land zeigt sich dabei nicht nur politisch äußerst gespalten, sondern offenbart auch ein extremes Stadt-Land-Gefälle. In großen Ballungsräumen wählte eine deutliche Mehrheit Trzaskowski, im ländlichen Raum stimmte der Großteil der Bevölkerung für Gewinner Nawrocki. Bei der ersten Wahl vor zwei Wochen hatte Trzaskowski noch mit 31 Prozent vor Nawrocki mit rund 29 Prozent gelegen.