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LGBTIQ+ in Flammen
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LGBTIQ+ in Flammen Die Situation der Community verschlimmert sich weltweit vielerorts - was können wir tun?

ms - 06.06.2025 - 14:00 Uhr
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Die Situation der Community verschlimmert sich weltweit vielerorts - was können wir tun?
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Deutschland hat eine neue Bundesregierung und mit Spannung blickt die Community darauf, wie ernsthaft LGBTIQ+-Themen in den nächsten Monaten und Jahren angegangen werden – es gibt vielfältige Aufgaben. Dabei lohnt auch der Blick über den Tellerrand, denn der Rollback in vielen Ländern könnte sonst auch vor Deutschland nicht Halt machen. Wie steht es um die Rechte von queeren Menschen weltweit? SCHWULISSIMO fragte nach bei Rupert Haag, LGBTIQ+-Experte bei Amnesty International Deutschland.

In diesem Frühjahr verzeichnete Amnesty International einen neuen Höchststand bei den Hinrichtungen weltweit. Bemerkenswert dabei: In den Top-3-Ländern im Ranking herrschen allesamt besonders extreme Verbotsgesetze für homosexuelle und queere Menschen, namentlich: Iran, Saudi-Arabien und Irak. Besteht hier aus Ihrer Sicht eine gesellschaftliche oder kulturelle Verbindung zwischen Todesstrafen einerseits und radikaler Homophobie andererseits? 

In Iran, Saudi-Arabien und Irak war die Situation für queere Menschen schon immer prekär. In den letzten Jahren hat sie sich verschärft, die Gründe sind von Land zu Land unterschiedlich: Im Iran geht das Regime massiv gegen die „Frau, Leben, Freiheit”-Bewegung vor und führt dabei einen Rundumschlag gegen alle Menschenrechte aus. Im Irak versucht die Regierung mit der neuen homofeindlichen Gesetzgebung radikale Kräfte ruhigzustellen und Saudi-Arabien verschärft seinen restriktiven Kurs gegen die Menschenrechte, um die angebliche Öffnung des Landes nach außen hin nicht zu gefährden. 

 Lassen Sie uns bitte etwas genauer auf die einzelnen Länder blicken. Wie ist die Lage aktuell im Irak für queere Menschen? 

Seit der Verabschiedung des homofeindlichen Gesetzes vor einem Jahr hat sich die ohnehin desaströse Situation für queere Menschen im Irak extrem verschärft. Die Behörden und politische Akteure veranstalten eine Hetzjagd auf (vermeintlich) schwule und kritische Menschen, die teilweise in Verstecken oder im Untergrund leben müssen, von der Familie verstoßen oder gar verraten werden. Viele versuchen das Land zu verlassen, auch wir bei Queeramnesty bekommen immer mehr Anfragen von verzweifelten Personen. 

Was können Sie uns zur Menschenrechtslage im Iran sagen?

Im Iran hat sich zwar seit Beginn der “Frau, Leben, Freiheit”-Bewegung das Leben im Alltag etwas verbessert. So versuchen viele mutige Frauen, sich in der Öffentlichkeit ohne Kopftuch zu bewegen und manchmal bleibt das straffrei. Andererseits sind seit der Ermordung von Jina Mahsa Amini zigtausende Unschuldige verhaftet worden, darunter auch queere Aktivist*innen, hunderte sind gefoltert, vergewaltigt und ermordet worden. Wir hatten den Fall von Zahra Sedighi-Hamadani, einer queeren Aktivistin, die vor drei Jahren wegen ihrer Aktivitäten zu Tode verurteilt worden war. Dank unserer Eilaktion und Kooperation mit anderen NGOs wurde das Urteil aufgehoben. Zahra Sedighi-Hamadani konnte das Land in einer Nacht-und-Nebel-Aktion verlassen und lebt jetzt in Deutschland. Ihr Fall ist exemplarisch: Wer kann, verlässt das Land. Nicht nur wegen der Repressionen, sondern auch wegen der desaströsen Wirtschaftskrise. Die Sanktionen gegen den Iran wegen dessen Atomprogramm und wegen Unterstützung Russlands im Angriffskrieg gegen die Ukraine befördern eine Hyperinflation. Besonders marginalisierte Gruppen wie die LGBTI-Community werden von der Wirtschaftskrise am härtesten getroffen.

 In welcher Situation befinden sich LGBTIQ+-Menschen in Saudi-Arabien?

Hier ist das Überleben oft eine Frage des Geldes. Wer es sich leisten kann, richtet sich ein verstecktes Leben im Luxus ein, oder verlässt das Land. Wer sich das nicht leisten kann, etwa als Frau in patriarchalen Strukturen im wahrsten Sinne des Wortes gefangen ist, oder wie die zahlreichen asiatischen Wanderarbeiter*innen in prekären Umständen lebt, ist oft Ausbeutung, Folter, Vergewaltigung und Verhaftungen ausgesetzt. 

 Wie blicken Sie angesichts dieser Situation und den fortlaufenden Verletzungen von Grundrechten auf die Tatsache, dass Saudi-Arabien 2034 die Fußballweltmeisterschaft ausrichten wird? 

Die Vergabe der Fußball-WM nach Saudi-Arabien ist ein Skandal. Damit hat die FIFA endgültig klargestellt, dass sie Menschenrechtsverletzungen gleichgültig gegenübersteht und stattdessen Profit die oberste Priorität einnimmt. Spätestens seit der WM in Katar wissen wir: Eine Verbesserung der Menschenrechtslage durch WM-Vergabe ist reines Wunschdenken.

 Wir lesen von den Gräueltaten in jenen drei Ländern gegenüber LGBTIQ+-Menschen immer wieder, doch oftmals bleiben sie uns emotional fern. Was erleben diese Menschen tagtäglich?

Die Hilferufe, die mich mittlerweile fast täglich über unsere Website erreichen, schildern die verzweifelte Situation vieler queerer Menschen in diesen Ländern. Zwar können wir nicht alle Fälle überprüfen, doch es fügt sich ein geschlossenes Bild. Die geschilderten Geschichten sind erschütternd. Junge Menschen werden von ihren Eltern über Wochen oder Monate eingeschlossen, geschlagen und gefoltert. Oft sind den E-Mails Fotos von Verbrennungen, Stichwunden und Verstümmelungen beigefügt. Personen werden von ihren Brüdern oder anderen Familienangehörigen vergewaltigt, bis sie zum Beispiel in Zwangsheiraten einwilligen. Dies passiert sehr oft im Irak und in Saudi-Arabien. Die schlimmsten Berichte aus dem Iran erzählen von Menschen, die in Haft dutzende, hunderte Male vergewaltigt und gefoltert wurden, um sie zu brechen. Wenn es zur Entlassung kam, das ist selten genug, haben sich viele von ihnen das Leben genommen. 

Was können queere Verbände aber auch Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty vor Ort tun, um diesen Menschen zu helfen? 

In allen drei Ländern ist eine offizielle Hilfe vor Ort nicht möglich, wäre teilweise sogar lebensgefährlich. Der Iran lässt offizielle Mitarbeiter*innen von Amnesty schon seit Jahrzehnten nicht mehr ins Land. Es gibt sehr wenige Organisationen, die mehr oder weniger im Verborgenen arbeiten und sich in erster Linie um sichere Fluchtwege für Bedrohte und Verfolgte bemühen. Diskretion und Vorsicht sind hier essentiell. Im Libanon gab es bis vor Kurzem noch die einzige und letzte offizielle queere NGO im Nahen Osten, HELEM, aber durch den Krieg und die chaotische Lage vor Ort ist deren Arbeit quasi zum Erliegen gekommen. 

Wir erleben einerseits Länder, die schrittweise homosexuelle Handlungen straffrei machen, während andere Länder ihre Bemühungen indes noch verstärken, die Community immer mehr in die Illegalität zu drängen. Wie bewerten Sie diese auseinanderklaffenden Entwicklungen?

Die positive Entwicklung, dass einige Länder die Menschenrechte von LGBTI mehr respektieren und Kriminalisierung abschaffen, ist meiner Meinung nach bereits seit einigen Jahren beendet. Selbst in Europa werden in vielen Ländern Entwicklungen in rasantem Tempo zurückgenommen, etwa in Ungarn, Bulgarien oder in der Slowakei. In den USA wird ganz aktuell jeder Fortschritt zerstört, der in den letzten Jahren erreicht worden war. Ich war immer Optimist, derzeit sehe ich weltweit nur Rückschritte. 

Wir befinden uns also zu Beginn eines Rollbacks, einem erneuten Zurückdrängen von LGBTIQ+-Rechten, oder?

Dieser Rollback hat bereits vor Jahren begonnen. Man sieht das sehr eindrücklich am Beispiel der USA. Dort haben queerfeindliche Kräfte schon vor Jahren durch strategische Planung und intensive Lobbyarbeit und Networking in höchsten Regierungskreisen alles bestens vorbereitet, um nun in der zweiten Amtszeit von Präsident Trump massiv zuzuschlagen und alles, was die vorhergegangene Regierung an Errungenschaften für die LGBTI-Community erreicht hatte, wieder abzuschaffen. Das könnte auch in anderen Staaten passieren, beziehungsweise sind die ersten Schritte schon erfolgt, wie man es leider in einigen osteuropäischen Staaten beobachten kann. 

n Afrika erleben wir gerade, wie die Situation für Homosexuelle immer schlimmer wird. Kann diese Entwicklung aus Ihrer Sicht auf dem Kontinent noch gestoppt werden?

In Uganda konnte man leider gut beobachten, wie jahrelange Lobbyarbeit von evangelikalen Gruppen aus den USA und deren Einflussnahme auf ugandische Parlamentarier*innen erfolgreich bewirkt hat, dass das Anti-Homosexualitätsgesetz mit Einführung der Todesstrafe vom Parlament verabschiedet werden konnte. Ähnliches passiert derzeit in Ghana und ostafrikanischen Staaten. Europäische Regierungen müssen mit vereinten Kräften gegen diese repressiven Entwicklungen angehen und Druck auf die jeweiligen afrikanischen Parlamente ausüben. Zum anderen müssen kleine, progressive christliche Gemeinschaften in den betroffenen Ländern darin bestärkt werden, zu zeigen, dass Homosexualität und queeres Leben nicht etwa eine Erfindung anderer Kontinente sind, sondern afrikanische Wurzeln haben. Und all das muss so schnell wie möglich geschehen. 

Mit Blick auf die Lage von LGBTIQ+ weltweit, was muss getan werden?

Ich denke, eine weltweite Solidarität und eine Bündelung aller queeren Kräfte im internationalen Bereich von Lobbyarbeit und politischer Einflussnahme ist jetzt essentiell. Das klingt vielleicht sehr abstrakt, aber wenn man sich anschaut, was durch die Kürzungen der Trump-Regierung auch an Unterstützung für zahlreiche kleine und mittlere Projekte in vielen Staaten wegfällt, ist das eine Katastrophe. Die Botschaften hatten in den letzten Jahrzehnten sehr gute Arbeit geleistet, um LGBTI-Projekte in unterschiedlichsten Bereichen zu fördern. Das bedeutet nun, dass die Botschaften der Länder der Europäischen Union, natürlich auch die von Deutschland, umso mehr angehalten sind, die Förderung von queeren Projekten und NGOs voranzutreiben. Wie dies die neue Bundesregierung handhaben wird, steht leider noch in den Sternen. 

Es gibt Stimmen, die salopp gesagt argumentieren, dass es die Community in einigen westlichen Ländern mit ihren Forderungen von Gleichberechtigung „übertrieben“ habe, die konservativen und teils reaktionären Strömungen seien nun also nur eine Reaktion darauf. Ihre Einschätzung? 

Forderungen nach Gleichberechtigung kann man nicht “übertreiben”! Mit solch einer Argumentation übernimmt man die vergiftete Sprache der radikalen Kräfte, die Menschenrechte generell einschränken wollen und insbesondere queere Rechte als nicht existent ansehen. Damit werden potentielle “Opfer” einer Diskriminierung wie Täter dargestellt, das darf nicht sein! Jede Personengruppe, die Diskriminierung oder Marginalisierung ausgesetzt ist, hat das Recht, selbstbestimmt und ohne die Zuweisung von Schuld oder Druck ihre eigenen Forderungen zur Befreiung von Diskriminierung zu erarbeiten und durchzusetzen.

Sie sind der LGBTIQ+-Experte von Amnesty in Deutschland, erlauben sie uns also auch einen Blick nach Deutschland: Die meisten queeren Vereine haben nach der Veröffentlichung des Koalitionsvertrages von Union und SPD diesen kritisiert. Wie blicken Sie auf die neue Regierung? 

Schon vor der Wahl hatte Amnesty gefordert, dass die Liste sogenannter sicherer Herkunftsländer nicht noch weiter ausgeweitet wird, insbesondere um Länder wie Ghana und Georgien, wo kürzlich verabschiedete Gesetze LGBTI massiv gefährden. Jetzt bekräftigt ausgerechnet die EU-Kommission eine erweiterte Liste und bezeichnet beispielsweise Tunesien als sicher, einen Staat, der Homosexuelle zunehmend verfolgt und kriminalisiert. Vor diesem Hintergrund wird die Bundesregierung wohl kaum gegenteilige Massnahmen ergreifen. Auch den von Amnesty eingeforderten besonderen Schutz von LGBTI gegenüber Hassverbrechen finden wir bedauerlicherweise nicht im Koalitionsvertrag. 

Ein Kritikpunkt an der Ausrichtung der neuen Regierung ist auch der Wegfall des Aufnahmeprogramms für besonders bedrohte Menschen aus Afghanistan. Das trifft insbesondere auch queere Flüchtlinge, viele stecken derzeit sozusagen „im Nirgendwo“ in Pakistan fest und warten auf eine Ausreise, die nun wahrscheinlich nie mehr kommen wird. 

Das Aufnahmeprogramm zu beenden ist eine Kapitulation vor den Taliban. Es gibt so viele massive Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan, dass sich gerade queere Menschen dort in einer ausweglosen Situation befinden und oft vor lebensgefährlichen Bedrohungen stehen. Auch wir bekommen viele Anfragen von verzweifelten LGBTI, die entweder noch im Land sind und dort unter Todesangst ums Überleben kämpfen oder in Pakistan gestrandet sind. Dort gab es noch bis vor kurzem ein Hilfsprogramm der ILGA, das aber auch zum Stillstand gekommen zu sein scheint. Die geschäftsführende Bundesregierung hatte zuletzt beschlossen, keine weiteren Charterflüge für gefährdete Menschen mehr zu organisieren. Das sind insbesondere LGBTI, Frauenrechtlerinnen und ehemalige Ortskräfte deutscher Behörden und der Bundeswehr. Die neue Bundesregierung ist verpflichtet, Menschen mit Aufnahmezusage aufzunehmen und muss sicherstellen, dass sie weiterhin sicher einreisen können – ob über das BAP oder durch alternative Aufnahmemöglichkeiten. 

Auf der anderen Seite gibt es auch innerhalb der Community den Standpunkt, dass mit den Geflüchteten der letzten Jahre auch unter anderem junge muslimische Männer nach Deutschland gekommen sind, die Homosexualität oder Rechte für queere Menschen radikal ablehnen. Die jüngste Kriminalstatistik von 2024 zeigte auf, dass junge, männliche, ausländische Tatverdächtige deutlich überrepräsentiert sind bei Straftaten und Gewaltdelikten. Zudem steigt auch die Zahl der Fälle von Hasskriminalität gegenüber LGBTIQ+ seit Jahren kontinuierlich an. Wie bewerten Sie diese Bedenken innerhalb der Community? 

Man darf nicht eine Gruppe gegen eine andere ausspielen. Und man darf schon gar nicht eine Personengruppe unter Generalverdacht stellen, nicht jeder Mensch aus dem Nahen Osten ist ein konservativer Muslim, und nicht jeder Muslim ist queerfeindlich. Das ist ein sehr vielschichtiges Problem und man muss es von verschiedenen Seiten angehen. An erster Stelle ist der Schutz von queeren Geflüchteten zu gewährleisten.  Es gibt viel zu wenige Wohneinrichtungen für queere Geflüchtete! Da ist noch einiges zu leisten. Was die queerfeindliche Einstellung mancher, junger Migranten angeht: Das ist ein langwieriger Prozess, aber auch hier gilt: Bildung, Bildung, Bildung! Viele Vorurteile entstehen aus Unwissenheit oder Fehlinformationen. Gespräche können nicht alles lösen, aber viel verändern und natürlich muss auch klar gemacht werden, dass Hasskriminalität gegenüber LGBTI streng bestraft wird – eine grosse Aufgabe für die neue Bundesregierung!

Welche Wünsche in Bezug auf LGBTIQ+ haben sie ansonsten noch an die neue Bundesregierung?

Die Bundesregierung muss mehr tun, um systemischen Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und LGBTI-Feindlichkeit zu bekämpfen. Sie muss diejenigen, die von struktureller Diskriminierung und Gewalt betroffen sind, wirksamer schützen. Die Bundesregierung muss bestehende strukturelle Defizite bei der Prävention, Aufklärung und Strafverfolgung von Hasskriminalität beheben. Die Polizei und andere staatliche Institutionen dürfen keine Schuldzuweisungen an die Opfer vornehmen oder diese in eine Täter*innenrolle drängen. Übergriffe, Drohungen und Straftaten gegen LGBTI müssen in Deutschland stärker bekämpft werden. Alltägliche Diskriminierungen, Straftaten und Angriffe wie beim Christopher Street Day im August 2024 in Bautzen dürfen nicht hingenommen werden. Stattdessen muss Deutschland Schutz bieten, insbesondere auch für LGBTI, die aus ihren Heimatländern fliehen mussten. Besonderen Herausforderungen sind Frauen und LGBTI ausgesetzt, die von Rassismus betroffen sind oder aufgrund einer Behinderung diskriminiert werden. Auch Personen, die in der Sexarbeit tätig sind, erleben geschlechtsspezifische Diskriminierung und Gewalt. LGBTI brauchen besseren Schutz sowie rechtlichen und psychologischen Beistand, wenn sie Opfer von Gewalt werden. Straftaten gegen sie müssen aufgeklärt und geahndet werden. Bei geflüchteten LGBTI muss ihre Verfolgung als Fluchtgrund anerkannt werden. Ihre Herkunftsländer dürfen nicht als sicher gelten. Die Bundesregierung muss Frauen- und LGBTI-Rechte in der EU und weltweit verteidigen und stärken. Dazu zählt die Umsetzung des LGBTI-Inklusionskonzepts für die Auswärtige Politik und die Entwicklungszusammenarbeit sowie der Einsatz gegen sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt in bewaffneten Konflikten. 

In mancher Hinsicht leben wir als Schwule, Lesben, Bisexuelle und queere Menschen in Deutschland noch in einem Land fernab vieler Probleme. Einige in der Community sind der Auffassung, wir haben alles Wesentliche erreicht, und lehnen sich gedanklich zurück. Was würden Sie jenen Menschen gerne mit auf den Weg geben, die sagen: Ist doch alles super hier. 

Da habe ich eine einfache Antwort: Schaut auf die USA! Da sieht man, wie in wenigen Tagen vieles zerstört wird, was in jahrzehntelanger Arbeit erreicht worden war, wofür Bürgerrechtler*innen und vielfältige Vertreter*innen der Zivilgesellschaft gekämpft hatten! Auch direkt vor unserer eigenen Haustüre passieren viele Veränderungen: In der Slowakei soll eine Verfassungsänderung die Rechte von LGBTI massiv einschränken. In Ungarn ist es schon so weit gekommen, dass Pride Paraden verboten werden. Wir dürfen uns auf der aktuellen Freiheit nicht ausruhen! Die Feinde der Menschenrechte sind leider überall auf dem Vormarsch, also sollten auch wir in Deutschland wachsam sein und weiterkämpfen. Die gewaltsamen Übergriffe auf Prides in Deutschland in den letzten Jahren sind ein Alarmruf!

Abschließend: Was möchten Sie zum Thema LGBTIQ+ weltweit vielleicht noch erwähnen, was oftmals vergessen wird und nicht im Fokus des Interesses steht? Was ist vielleicht noch wichtig zu bedenken?

Ich möchte gerne auf das Kernstück unserer Arbeit hinweisen, bei dem jede*r sich für die Menschenrechte von LGBTI starkmachen kann: Beteiligen Sie sich an unseren Aktionen und Petitionen! Es ist so einfach, damit bedrohten queeren Menschen zu helfen, 40 Prozent unserer Aktionen sind erfolgreich! Neulich hatten wir eine Onlinepetition für bedrohte LGBTI in Uganda und ich war bestürzt, wie wenige Leute sich daran beteiligt hatten, das hat mich sehr traurig gemacht. Also nicht nur auf den Like-Button auf Instagram oder sonst wo klicken, sondern vielleicht eine Minute mehr investieren und unsere Aktionen unterzeichnen, das hilft wirklich! Tausend Dank!

Herr Haag, vielen Dank für das Gespräch!

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